Frauen beherrschten die Bierbranche – bis die Hexenverfolgung kam

Bier-brauende Frauen; Screenshot des Originalartikels bei The Conversation.

Was haben Hexen mit Deinem Lieblingsbier zu tun?

Wenn ich diese Frage Studenten in meinen Kursen über amerikanische Literatur und Kultur stelle, ernte ich verblüfftes Schweigen oder nervöses Lachen. Die Sanderson-Schwestern (Du erinnerst Dich an Bette Midler, Sarah Jessica Parker und Kathy Najimy?) haben in „Hokus Pokus“ keine Flaschen Sam Adams Astra getrunken. Allerdings weist die Geschichte des Bieres auf ein nicht ganz so magisches Erbe transatlantischer Verleumdungen und Geschlechterrollen hin.

Bis zum Jahr 1500 war das Brauen in erster Linie Frauenarbeit – das heißt, bis eine Verleumdungskampagne die Brauerinnen beschuldigte, Hexen zu sein. Ein Großteil der Ikonographie, die wir heute mit Hexen assoziieren – vom spitzen Hut bis zum Besen -, ist möglicherweise auf ihre Verbindung zu weiblichen Brauern zurückzuführen.

Bier brauen: Im Mittelalter eine Routineaufgabe im Haushalt

Der Mensch trinkt seit fast 7 000 Jahren Bier, und die ersten Brauer waren Frauen. Von den Wikingern bis zu den Ägyptern brauten Frauen Bier. Sowohl für religiöse Zeremonien als auch um ein praktisches, kalorienreiches Getränk für den Alltag herzustellen.

Die Nonne Hildegard von Bingen, die im heutigen Deutschland lebte, schrieb im 12. Jahrhundert über Hopfen und fügte diese Zutat ihrem Bierrezept hinzu.

Von der Steinzeit bis ins 17. Jahrhundert war Ale – und später Bier – ein Grundnahrungsmittel für die meisten Familien in England und anderen Teilen Europas. Das Getränk war eine kostengünstige Möglichkeit, Getreide zu konsumieren und zu konservieren. Für die Arbeiterklasse stellte Bier eine wichtige Nährstoffquelle dar, da es reich an Kohlenhydraten und Proteinen war. Da das Getränk so häufig auf dem Speiseplan des Durchschnittsbürgers stand, gehörte das Gären für viele Frauen zu ihren normalen Aufgaben im Haushalt.

Einige unternehmungslustige Frauen übertrugen diese Fertigkeit auf die Wochenmärkte und begannen, dort Bier zu verkaufen. Witwen oder unverheiratete Frauen nutzten ihre Braufähigkeiten, um sich etwas dazuzuverdienen, während verheiratete Frauen sich mit ihren Ehemännern zusammentaten, um ihr familiäres Biergeschäft zu betreiben.

Verbannung der Frauen aus der Branche

Wenn wir also gemeinsam eine Zeitreise ins Mittelalter oder in die Renaissance unternähmen und einen Markt in England besuchten, würden wir wahrscheinlich einen seltsam vertrauten Anblick vorfinden: Frauen mit hohen, spitzen Hüten. In vielen Fällen standen sie vor großen Kesseln.

Diese Frauen waren keine Hexen; sie waren Brauerinnen.

Laken Brooks

Sie trugen die hohen, spitzen Hüte, damit ihre Kunden sie auf dem überfüllten Markt gut sehen konnten. Sie transportierten ihr leckeres Gebräu in Kesseln. Und diejenigen, die ihr Bier in Geschäften verkauften, hatten Katzen, nicht als dämonische Vertraute, sondern um Mäuse vom Korn fernzuhalten. Es liegt nahe anzunehmen, dass die Ikonographie, die wir mit Hexen assoziieren, vom spitzen Hut bis zum Kessel, auf die Arbeit von Frauen als Braumeisterinnen zurückgeht.

Als die Frauen gerade dabei waren, auf den Biermärkten in England, Irland und dem übrigen Europa Fuß zu fassen, begann die Reformation. Die religiöse Bewegung, die im frühen 16. Jahrhundert entstand, predigte strengere Geschlechternormen und verurteilte die Hexerei.

Der Rest ist Geschichte; eine in der die Braubranche männlich dominiert war.

Gerade als die Frauen auf den Biermärkten in England, Irland und dem übrigen Europa Fuß fassten, begann die Reformation. Die religiöse Bewegung, die im frühen 16. Jahrhundert entstand, predigte strengere Geschlechternormen und verurteilte die Hexerei.

Die männlichen Bierbrauer sahen darin eine Chance. Um ihre Konkurrenz im Bierhandel einzuschränken, beschuldigten einige die weiblichen Brauer, Hexen zu sein und in ihren Kesseln Zaubertrank statt Schnaps zu brauen.

Leider waren die Gerüchte sehr wirksam.

Mit der Zeit wurde es für Frauen immer gefährlicher, das Brauen zu praktizieren und Bier zu verkaufen, da sie fälschlicherweise für Hexen gehalten werden konnten. Damals war es nicht nur ein gesellschaftlicher Fauxpas, der Hexerei bezichtigt zu werden, sondern es konnte Verfolgung oder ein Todesurteil nach sich ziehen. Frauen, die der Hexerei beschuldigt wurden, wurden oft in ihren Gemeinden geächtet, eingesperrt oder getötet.

Einige Männer glaubten nicht wirklich, dass die Bierbrauerinnen Hexen waren. Viele waren jedoch der Meinung, dass Frauen ihre Zeit nicht mit dem Bierbrauen verbringen sollten. Der Prozess erforderte Zeit und Hingabe: Stunden, um das Bier zuzubereiten, die Böden zu fegen und schwere Bündel von Roggen und Getreide zu heben. Wenn Frauen kein Bier brauen könnten, hätten sie zu Hause wesentlich mehr Zeit für die Erziehung ihrer Kinder. Um 1500 war es in einigen Städten wie Chester in England für die meisten Frauen illegal, Bier zu verkaufen, weil man befürchtete, dass aus jungen Bierbrauerinnen alte Jungfern werden könnten.

Männer haben das Sagen

Die Vorherrschaft der Männer in der Bierindustrie hat sich bis heute gehalten: Die 10 größten Bierunternehmen der Welt werden von männlichen CEOs geleitet und haben überwiegend männliche Vorstandsmitglieder.

Die großen Bierunternehmen neigen dazu, Bier als ein Getränk für Männer darzustellen. Einige Wissenschaftler sind sogar so weit gegangen, Bierwerbung als „Handbuch der Männlichkeit“ zu bezeichnen.

Diese geschlechtsspezifische Voreingenommenheit scheint sich auch bei kleineren Handwerksbrauereien fortzusetzen. Eine Studie der Stanford University ergab, dass zwar 17 % der Craft-Bier-Brauereien einen weiblichen Geschäftsführer haben, aber nur 4 % dieser Unternehmen einen weiblichen Braumeister beschäftigen – den fachkundigen Vorgesetzten, der den Brauprozess überwacht.

Das muss aber nicht so sein. Über weite Strecken der Geschichte war es das nicht.

Anmerkung des Herausgebers: Dieser Artikel wurde aktualisiert, um darauf hinzuweisen, dass nicht endgültig geklärt ist, ob Alewives einige der heute mit Hexen assoziierten populären Symbole inspiriert haben. Außerdem wurde er aktualisiert, um zu korrigieren, dass der Vorwurf der Hexerei erst während der Reformation weit verbreitet war.

Dieser Text erschien im Original in The Conversation, Autorin ist Laken Brooks, University of Florida.
Übersetzung und Ergänzungen: Erik Hauth. Lizenz: Creative Commons, by-nd.

The Conversation: „Women used to dominate the beer industry – until the witch accusations started pouring in“
The Conversation

Von Erik H.

Autor + #Podcaster; liebt #Segeln + den FC Sankt Pauli. #FCSP. Produziert den autofiktionalen #Blog "https://ring2.de" #lgbtqally

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