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  • Weihnachtsfeier

    Charles Bukowski ruft an, das höre ich schon am Klingeln. „Scheiss-Weihnachtsfeier“, ruft er in den Hörer an seinem Ende. „Ich mag keine Leute, die feiern, fressen, feixen“, wettert er weiter. „Auf Kommando lustig sein macht mir Angst. Brezeln sich auf und lachen gekünstelt, tanzen staksig. Sie denken, sie wären dabei sexy, cool und schön, und…

  • Hölle

    Ich habe in einem Radio-Feature im DLF (den höre ich abundan beim Autofahren) einem Theologen zugehört, der die „Hölle“ erklärte. Die steckt mir seitdem im Kopf. Die Hölle bezeichnete er als Ausdruck unseres Unvermögens als Menschen, unser Bild, das sich andere von uns machen, nach unserem Tod zu beeinflussen, ggf. durch Verhalten zu korrigieren. Ich…

  • Noch 106 Tage

    Ich habe mir gestern drei Folgen „Star Trek Voyager“ am Stück angesehen. Den Rest des Rotweins vom Wochenende getrunken und eine ganze Tafel Nougatschokolade vertilgt. Dabei mag ich die garnicht so gerne. Für was Neues bei Netflix fehlte mir der Elan. Noch einen Abend „Segelbilder aus dem Sommer schauen“, ertrag ich nicht. Der Winterblues hat…

  • Volle Sonne

    Minus sechs Grad im #November. Selbst die Wolken scheinen am Himmel festgefroren. Im Osten quält sich ein helloranger Ball aus dem frostigen Bett der Nacht. Gross und rund. Die Nebel über dem Hafen juckt das wenig, zu wenig Wärme schickt die nun volle Sonne nach unten. „Papa, wenn es einen #Vollmond gibt, gibts dann auch…

  • Spam-Poesie

    Die Geschichte mit dem blinden Huhn und dem Korn passt auch auf Spamtexte, die von russischen, philippinischen oder kigerianischen Botfarmen millionenfach und schlecht übersetzt zu uns geschickt werden. Manchmal ergibt die hanebüchende Übersetzung beim zweiten Hinsehen etwas geradezu poetisches, lassen wir diesen 2. Blick zu. Resigniert selbst das digitale Böse an unserer Menschenwelt, wenn der…

  • Morgenrosé

    „Morgenrot, got Wedder dot“. Hat Oma immer gesagt. Kunststück, denn im Norden hält gutes Wetter nur kurz. Es sei denn der Wind kommt aus Ost. Dann wird es im Winter knackekalt und im Sommer warm. Bis zu 6 Wochen lang. Das sind diese langen, warmen Sommer, von denen in Erinnerungen und Lindgren-Geschichten die Rede ist.…

  • Geister im Radio

    Das Morgengrauen kriecht langsam durch Millionen kleiner Tropfen. Ich höre diffuses Tuten aus der Nähe, es kommt unten vom Fluss. Sie spielen einen 25-jährigen Geist im Radio, längst verschwunden wie der Sommer. Ich starre auf die schwarzen kleinen Finger, die entlaubte Bäume vor mir in den Nebel recken. Irgendwie merkwürdig, sich die Stars der eigenen…

  • Verspielt

    „Wenn Du dich verspielst, dann entscheidet erst die nächste Note, ob es gut oder schlecht war“, hat Miles Davis einmal gesagt. Der Übervater des Jazz hat seiner Musik so viel Leben und Weisheit eingehaucht, dass sie selbst als Konserve noch inspiriert und Funken ins Heute schlägt. Es wird erzählt, dass er Fehler seiner Mitspieler ausbügelte,…

  • Spülmaschinenhöchststrafe

    Spülmaschinenhöchststrafe

    „Wieso kriegen alle Familien dünne und ausgerechnet wir bekommen die dicke Französin?“, fragt B. „Ich muss dieses Reiki mal ausprobieren“, antworte ich. „Wieso bin ich eigentlich immer derjenige, die die Maschine einräumen muss?“, denke ich laut. Und rufe dann „Scheiße “ — merke gerade, die Spülmaschine ist sauber. Ausräumen und dann Einräumen: Höchststrafe. Das Telefon…

  • Das Versprechen der Magnolien

    Der Magnolienbaum vor meinem Fenster sieht aus, als sei er verbrannt. Braun-schwarze Blätter hängen leblos von den Ästen. Unter ihnen jedoch rührt sich neues Leben. Im Dezember wird die Magnolie alle Erinnerungen an dieses Jahr abschütteln, dicke, starke Knospen ragen dann trotzig in den Winterwind. Warten auf ihren Auftritt im April und schenken jedem, der…

  • Damp 2024

    Damp 2024

    Heute haben wir das Segelboot meines Buders gekrant. In Damp, das lange ‚Damp 2000‘ hieß, und für Zukunft stand; ist von der Ostseesturmflut besonders hart getroffen worden. Dutzende Schiffe gesunken oder an Land geworfen; der Hafen zerschlagen vom wütenden Ostwind. Die englische Lady meines Bruders hat nur ein paar Schrammen abbekommen. Sie hat Glück gehabt…

  • Gefährliches Spiel

    Dort wo die Flottbek in die Elbe fließt, liegt ein kleiner Hafen. Bei Niedrigwasser haben wir als Kinder dort im Elbschlick gespielt. Das war uns verboten, von unseren Eltern. Weil die #Elbe gefährlich ist, besonders dann, wenn sie am harmlosesten erscheint: bei Ebbe. Wir haben uns damals verloren in unserem Spiel, allerdings immer nur soweit,…